Die Tätigkeit des „Bettelns“ an sich stellt in Deutschland keinen Straftatbestand dar, solange keine kommunalen Verbote ausgesprochen wurden und keine Ausbeutung durch andere vorliegt. „Ausbeutung bei der Ausübung der Betteltätigkeit“ ist erst seit der Neufassung der strafrechtlichen Vorschriften zum Menschenhandel im Jahr 2016 ein eigener Straftatbestand.
Sie ist gegeben, wenn Personen zum Betteln und zur Abgabe ihrer Einkünfte gezwungen werden und wenn dabei von den Tätern ihre wirtschaftliche oder persönliche Zwangslage und ihre Hilflosigkeit in einem fremden Land ausgenutzt wird. Die Opfer von Zwangsbettelei sind nicht nur gesundheitsgefährdenden Bedingungen während der Arbeit ausgesetzt, sie werden von den Tätern auch oft geschlagen oder mit Nahrungsentzug bestraft. Die Unterbringung der Betroffenen ist meist menschenunwürdig oder schlecht, d.h. sie schlafen in Abbruchhäusern, Zelten, öffentlichen Räumen oder in Obdachlosen-Unterkünften. Sie erhalten nur wenig Nahrung, gerade ausreichend um zu überleben.
Oft sind es kriminelle Banden, die die Bettlerinnen organisiert einsetzen und ausbeuten. Bei der Ausbeutung der Betteltätigkeit bestehen zwischen Opfern und Tätern nicht selten familiäre Bindungen. Während bei der Arbeitsausbeutung der Kontakt mit den Tätern oft nur telefonisch oder über das internet bestand, ist das Verhältnis zwischen Betroffenen und Tätern bei der Ausbeutung der Betteltätigkeit häufig enger. Die Täter kennen die Betroffenen als Mitglieder derselben Gemeinschaft oder Mitglieder der erweiterten Familie, und können darüber die Opfer unter Druck setzen.
Bei den Betroffenen handelt es sich überwiegend um sehr arme Menschen, oft ältere Menschen oder Personen mit körperlichen und / oder geistigen Behinderungen. Frauen, die dieser Form der Ausbeutung ausgesetzt sind, werden häufig zusammen mit ihren Kindern oder auch den Kindern von Dritten ausgebeutet, die dazu benutzt wurden, das Mitleid der Passanten zu erregen. Die Betroffenen werden bei der Betteltätigkeit auf der Straße kontrolliert und können nicht weggehen. Sie müssen dort trotz widriger Witterung und über viele Stunden ausharren.
Es ist für Außenstehende schwer zu erkennen, ob eine Person für den eigenen Lebensunterhalt bettelt, oder Opfer einer Bande ist. Ein Hinweis auf Menschenhandel zur Bettelei liegt auch vor, wenn Personen zu dem Ort gebracht werden, an dem sie betteln, und wieder abgeholt werden.
Angesichts der bestehenden Abhängigkeit zu den Menschenhändlern und der eigenen Handlungsunfähigkeit ist es für diese Personen nahezu unmöglich, auszubrechen. Bei Interventionen durch Dritte zeigen die Betroffenen oftmals aus Angst mangelnde Kooperation, verweigern Hilfe und ihre Unterstützung ist aufgrund der körperlichen und / oder psychischen Probleme der Betroffenen eine Herausforderung.